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Arbeitsschutz/Sicherheit

 
01.04.2016

Wie viele Gefährdungsbeurteilungen braucht man? Teil II

Wie viele Gefährdungsbeurteilungen braucht man? Teil II

Es bietet sich an, die Gefährdungen von Arbeitsplätzen bzw. Tätigkeiten, sowie von Gefahrstoffen und Arbeitsmitteln und deren jeweilige Wechselwirkungen in einer Gefährdungsbeurteilung zu betrachten.

Als Systemgrenze wählen Sie am besten die einzelnen Arbeitsplätze, wenn Arbeiten räumlich gebunden stattfinden, zum Beispiel Büroarbeit, Arbeit an Produktionsmaschinen, Arbeiten in einer Großküche.

Dagegen wählen sie als Systemgrenze einzelne Tätigkeiten, wenn dieselben Arbeiten an unterschiedlichen Orten stattfinden, zum Beispiel Außendiensttätigkeit, Werkschutzrundgänge, Instandhaltungsarbeiten, Kommissionierarbeiten.

Betrachten Sie nun im jeweiligen System

  • alle dort verwendeten Arbeitsmittel (egal ob diese stationär oder mobil sind) und
  • alle dort verwendeten (Gefahr-) Stoffe und zwar unter den dort gegebenen Einsatzbedingungen.

Berücksichtigen Sie bei der Gefährdungsermittlung auch die Wechselwirkung von Arbeitsmitteln untereinander (z.B. gegenseitige Beeinflussung durch elektromagnetische Wellen) oder mit Arbeitsstoffen (z.B. Korrosion) und/oder der Arbeitsumgebung (z.B. Standsicherheit). Gleichartige Tätigkeiten und gleichartige Arbeitsplätze können Sie natürlich zusammen beurteilen.

Im einen oder anderen Fall können personenbezogene Beurteilungen sinnvoll sein, zum Beispiel für die Beschäftigung von besonderen Personengruppen an, wie z.B. Jugendliche, werdende/stillende Mütter, Behinderte oder auch bei der Beurteilung von Vibrationen.

Die hier beschriebene Vorgehensweise zur Systemabgrenzung wählen Sie für alle ständigen, regelmäßigen oder planbaren Arbeitsplätze und Tätigkeiten. Sonderfälle behandeln wir zu einem späteren Zeitpunkt.

Egal, wie und in welcher Tiefe sie die Systemabgrenzung durchführen, dokumentieren Sie, was im jeweiligen Fall beurteilt wird, und vergessen Sie nicht das, was Sie nicht beurteilen. Also:

  • Beurteilen Sie am Arbeitsplatz den Normalbetrieb und die Störungsbeseitigung?
    Oder wählen Sie für die Störungsbeseitigung eine separate Gefährdungsbeurteilung?
  • Oder: Beurteilen Sie am Arbeitsplatz den innerbetrieblichen Transport von Material zur Anlage?
    Oder haben Sie diesen Aspekt in einer Querschnitts-Gefährdungsbeurteilung abgebildet?

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Es bietet sich an, die Gefährdungen von Arbeitsplätzen bzw. Tätigkeiten, sowie von Gefahrstoffen und Arbeitsmitteln und deren jeweilige Wechselwirkungen in einer Gefährdungsbeurteilung zu betrachten. Als Systemgrenze wählen Sie Arbeitsplätze oder Tätigkeiten.

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18.03.2016

DGUV Information 250-101 Leitfaden für Betriebsärzte

DGUV Information 250-101 Leitfaden für Betriebsärzte
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet jeden Arbeitgeber, Maßnahmen des Arbeitsschutzes auf der Basis einer Beurteilung der in seinem oder ihrem Betrieb vorliegenden Gefährdungen zu ermitteln. Die Gefährdungsbeurteilung ist damit ein zentrales Element, um Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu verbessern.

Die DGUV Information 250-101 gibt eine Hilfestellung für die betriebsärztliche Beratung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung. Er zeigt verschiedene Möglichkeiten der Planung und Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung auf und berücksichtigt insbesondere die Bedingungen in Kleinbetrieben.

Der Leitfaden beschäftigt sich mit der Frage, wie Betriebe vom Sinn einer Gefährdungsbeurteilung überzeugt werden können. Es folgen Hinweise zur Planung, Erläuterungen verschiedener Möglichkeiten der Durchführung und eine Diskussion der betriebsärztlichen Aufgaben. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit den Besonderheiten der Gefährdungsbeurteilung in Kleinbetrieben. Im Anhang sind Hilfsmittel für die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung aufgeführt.

Außerdem gibt es die DGUV Information 250-109 neu. Sie ist ein Leitfaden für Betriebsärzte zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement.

Die DGUV Information 250-101 »Leitfaden für Betriebsärzte zur Beratung des Unternehmens bei der Gefährdungsbeurteilung« gibt eine Hilfestellung für die betriebsärztliche Beratung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung.

» Weitere Informationen zu DGUV Information 250-101 Leitfaden für Betriebsärzte

10.03.2016

Wie viele Gefährdungsbeurteilungen braucht man? Teil I

Wie viele Gefährdungsbeurteilungen braucht man? Teil I

Sie können die Gefährdungsbeurteilung für Ihren gesamten Standort machen oder für jeden Handgriff. Beides ist nicht zielführend, sondern irgendwo dazwischen liegt die für Sie vernünftige Lösung.

Bei der Frage, wo Ihre Systemgrenzen für die einzelnen Gefährdungsbeurteilungen liegen oder sinnvollerweise liegen sollen, sind die unterschiedlichen Rechtsvorschriften keine Hilfe. Denn allein im Arbeits- und Gesundheitsschutz gibt es zig Rechtsvorschriften, die eine Gefährdungsbeurteilung vorschreiben (siehe unseren Beitrag »Rechtlicher Hintergrund der Gefährdungsbeurteilung«). Je nachdem welche Rechtsvorschrift man aufschlägt, geht es um

Arbeitsplätze,
Tätigkeiten,
Arbeitsmittel,
(Gefahr-) Stoffe.

Das Erscheinen der »neuen« BetrSichV 2015 hat diesen Umstand wieder ins Bewusstsein der Verantwortlichen gerückt und viele stellten sich die Frage: Muss man für alle o.g. Aspekte eine eigene Gefährdungsbeurteilung haben? Möglicherweise für jedes Arbeitsmittel separat?

Man muss nicht! Man soll auch nicht!

Der Gesetzgeber sieht nicht vor, für jeden Aspekt eine eigene Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Vielmehr drückt jede Rechtsvorschrift nur ihre jeweilige Sicht auf die Dinge aus. In allen Rechtsvorschriften steht zudem, dass immer die Wechselwirkungen zwischen Arbeitsplätze, Tätigkeiten, Arbeitsmittel und (Gefahr-) Stoffe berücksichtigt werden sollen. Die singuläre Betrachtung von Arbeitsmitteln oder Chemikalien hat ohnehin bereits ein anderer durchgeführt, und zwar der Hersteller (Stichwort: CE-Konformität bzw. Sicherheitsdatenblatt). Wenn Sie diese Betrachtung für Ihren Bereich ebenfalls isoliert vornehmen, führt dies zu unzureichenden Ergebnissen:

Beispiel (Gefahr-) Stoffe:
Siehe unseren Newsbeitrag: Ein Stoff - eine Gefährdungsbeurteilung

Beispiel Stapler:
Angenommen, Sie verwenden auf Ihrem Betriebsgelände in unterschiedlichen Bereichen immer denselben Staplertyp. Da wäre es eigentlich naheliegend, das Arbeitsmittel »Stapler« einmal zu beurteilen, und gut. Die Bereiche unterscheiden sich aber:

Im einen Bereich ist die Flurförderzeug-Dichte sehr hoch,
im anderen sind auch noch Fußgänger in der Nähe,
im dritten Bereich fährt ein Mitarbeiter immer alleine,
der vierte ist ein Außenbereich.
Im fünften kommt der Stapler nur sporadisch zum Einsatz.

Auch wenn immer derselbe Staplertyp zum Einsatz kommt, die spezifischen Gefährdungen für den jeweiligen Staplerfahrer und für die Peripherie sind immer unterschiedlich, zum Beispiel hinsichtlich Vibrationsbelastung, Alleinarbeit, befahrener Bereich, Transportgut, Gefährdung von Dritten etc.

Deshalb bietet es sich an, die Gefährdungen von Arbeitsplätzen bzw. Tätigkeiten, sowie von Gefahrstoffen und Arbeitsmitteln und deren jeweilige Wechselwirkungen in einer Gefährdungsbeurteilung zu betrachten.

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Sie können die Gefährdungsbeurteilung für Ihren gesamten Standort machen oder für jeden Handgriff. Beides ist nicht zielführend, sondern irgendwo dazwischen liegt die für Sie vernünftige Lösung.

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16.02.2016

Ablauf der Gefährdungsbeurteilung

Ablauf der Gefährdungsbeurteilung

Die Eigenverantwortung des Arbeitsgebers bringt es mit sich, dass die Gefährdungsbeurteilung zum Dreh- und Angelpunkt im Umwelt-und Sicherheitsrecht geworden ist. Die richtige Durchführung und Dokumentation ist deshalb essentiell.

Es gibt dabei wenig konkrete Forderungen an die Form, der Ablauf ist jedoch klar festgelegt:

  • System abgrenzen - Was betrachte ich?
  • Gefährdungen ermitteln - Welche Gefährdungen habe ich, und welche nicht?
  • Risiken abschätzen - Wie hoch ist das Grenzrisiko bzw. Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß?
  • Schutzmaßnahmen festlegen - Was kann ich tun, um das Risiko zu senken?
  • Wirksamkeit überprüfen - Bringen die definierten Maßnahmen den gewünschten Erfolg?
  • Aktualisierung - Wann muss die Gefährdungsbeurteilung wieder auf den Prüfstand?

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Die Eigenverantwortung des Arbeitsgebers bringt es mit sich, dass die Gefährdungsbeurteilung zum Dreh- und Angelpunkt im Umwelt-und Sicherheitsrecht geworden ist. Die richtige Durchführung und Dokumentation ist deshalb essentiell. Es gibt dabei wenig konkrete Forderungen an die Form, der Ablauf ist jedoch klar festgelegt.

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29.01.2016

Formaldehyd ab 1.1.2016 krebserzeugend

Formaldehyd ab 1.1.2016 krebserzeugend
Formaldehyd wurde durch die 6. Anpassung an den Technischen Fortschritt (ATP) der CLP-Verordnung in die Gefahrenklassen Karzinogen/Kategorie 1B und Keimzellmutagen/Kategorie 2 eingestuft. Diese Neueinstufung ist ab 1.1.2016 wirksam.

Darüber hinaus hat der Ausschuss für Gefahrstoffe des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im November 2014 für Formaldehyd einen Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) verabschiedet. Dieser Grenzwert (0,3 ml/m³ bzw. 0,37 mg/m³. Der Kurzzeitwert beträgt 0,74 mg/m³) muss an Arbeitsplätzen eingehalten werden.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind also ab jetzt Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen zu berücksichtigen. Durch die Neueinstufung entstehen darüber hinaus auch Dokumentations- und Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers. Insbesondere ist ein Expositionsverzeichnis zu führen und 40 Jahre aufzubewahren.

Die Neueinstufung bringt es auch mit sich, dass emissionsseitig die Grenzwerte nach Kapitel 5.2.7.1.1 Krebserzeugende Stoffe der TA Luft gelten. Dabei ist der Stoff derjenigen Klasse (I, II oder III) zuzuordnen, deren Stoffen er in seiner Wirkungsstärke am nächsten steht.

Weitere Infos zur Einstufung nach unterschiedlichen Rechtsvorschriften finden Sie in der GESTIS-Stoffdatenbank.

Formaldehyd wurde durch die 6. Anpassung an den Technischen Fortschritt (ATP) der CLP-Verordnung in die Gefahrenklassen Karzinogen/Kategorie 1B und Keimzellmutagen/Kategorie 2 eingestuft. Diese Neueinstufung ist ab 1.1.2016 wirksam.

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20.01.2016

Wer macht's und mit wem?

Wer macht's und mit wem?

 Die Verantwortlichkeit zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist in den Rechtsvorschriften klar geregelt: »Der Arbeitgeber hat…zu beurteilen.« Und der Arbeitsgeber sind all diejenigen, denen die Unternehmerpflichten übertragen wurden, also die Führungskräfte.

Als Führungskraft sollte man diese Aufgabe nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist eine rechtliche Anforderung, bei deren Nichterfüllung ein Bußgeld droht (je nach Rechtsgebiet 5.000 bzw. 50.000 €).

Dabei reicht nicht, irgendeine Gefährdungsbeurteilung zu haben, damit man den formalen Anforderungen genüge getan hat, und zwar aus zwei Gründen.

  1. In den einschlägigen Paragrafen heißt es »wer eine Gefährdungsbeurteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert...[handelt ordnungswidrig]«, es gibt also keine Unterscheidung zwischen gar nicht oder nicht richtig.
  2. Wenn eine Person zu Schaden kommt, müssten sich die Führungskräfte zum Beispiel von der Staatsanwaltschaft oder der Versicherung die Frage gefallen lassen, ob der Vorfall nicht durch eine richtig durchgeführte Gefährdungsbeurteilung und die Festlegung von geeigneten Maßnahmen hätte vermieden werden können.

Die Frage stellt sich natürlich unmittelbar: Wann ist eine Gefährdungsbeurteilung richtig durchgeführt?

Richtig durchgeführt ist sie dann, wenn dies mit Sorgfalt und dem entsprechenden Wissen geschieht:

Der Gesetzgeber sieht die operative Führungskraft als geeignet an, um die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Wenn Sie im Einzelfall nicht die nötige Kenntnis haben, binden Sie die eigentlichen Experten des Arbeitsplatzes oder der Tätigkeit mit ein, nämlich die Mitarbeiter. Ferner sollten Sie gegebenenfalls den Rat von Fachkundigen, zum Beispiel der Sicherheitsfachkraft oder des Betriebsarztes einholen. Für spezifische Anwendungsfälle können Sie auch die BG oder die Gewerbeaufsicht mit ins Boot holen. Richtig ist also, die Gefährdungsbeurteilung im Team durchzuführen, um ein präzises Bild der Situation zu bekommen und verschiedene Sichtweisen zu berücksichtigen.

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Die Verantwortlichkeit zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist in den Rechtsvorschriften klar geregelt: »Der Arbeitgeber hat…zu beurteilen.«

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13.01.2016

Rechtlicher Hintergrund der Gefährdungsbeurteilung

Rechtlicher Hintergrund der Gefährdungsbeurteilung

Die »Gefährdungsbeurteilung« im Arbeits- und Gesundheitsschutz fokussiert auf Personenunfälle und Gesundheitsgefahren.

Unfälle stellen dabei Situationen dar, die

  • plötzlich auftreten und
  • eine akute Beeinträchtigung des Gesundheitszustands einer Person nach sich ziehen.

Gesundheitsgefahren stellen Zustände dar, die

  • langfristig und/oder dauerhaft wirken
  • eine spätere oder chronische Beeinträchtigung des Gesundheitszustands einer Person nach sich ziehen.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilungen werden allerdings üblicherweise auch Auswirkungen auf die unmittelbare Umgebung (Sachwerte) und gegebenenfalls die Umwelt abgebildet, insbesondere bei der Beurteilung von Brand- und Explosionsgefahren.

Früher gab es zur Umsetzung eines sicheren Betriebs klare Vorgaben:
»Der Arbeitsgeber hat umzusetzen:
Maßnahme 1
Maßnahme 2
Maßnahme 3
Maßnahme 4.«

Das wurde häufig als Nachteil gesehen, da die Unternehmen keinen Handlungsspielraum hatten und so auch oft – bezogen auf die spezifische Unternehmenssituation – unsinnige Dinge umsetzen mussten. Das allerdings war auch ein Vorteil, denn man brauchte sich keine Gedanken über das Wie einer möglichen Umsetzung machen. Alles war ohne Wenn und Aber vorgeschrieben. Waren die Maßnahmen umgesetzt, konnte man davon ausgehen, dass man rechtssicher arbeitete.

www.istockphoto.com; winterling

Aufgrund der zunehmenden Deregulierung, die durch das EU-Recht Einzug in die deutsche Gesetzgebung gehalten hat, heißt es heute verbreitet: »Der Arbeitgeber hat…auf der Grundlage seiner Gefährdungsbeurteilung geeignete Maßnahmen festzulegen.«

Dieser Satz kommt vor zum Beispiel in
ArbSchG
GefStoffV
BetrSichV
Technischen Regeln
DGUV Vorschriften
DGUV Regeln

Der Arbeitgeber hat nun (fast) alle Freiheiten, seine unternehmensspezifischen Gegebenheiten abzubilden. Das ist gegenüber früher ein Vorteil, den viele allerdings nicht mehr als solchen sehen, denn es gibt nicht mehr Schwarz und Weiß, sondern einen bunten Strauß an Möglichkeiten, die es in der Gefährdungsbeurteilung abzuwägen gilt.

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Die »Gefährdungsbeurteilung« im Arbeits- und Gesundheitsschutz fokussiert auf Personenunfälle und Gesundheitsgefahren.

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26.11.2015

Gefährdungsbeurteilung im »normalen« Leben

Gefährdungsbeurteilung im »normalen« Leben

Geht es um die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ziehen sich viele Verantwortliche gerne damit aus der Affäre, dass sie behaupten, davon keine Ahnung zu haben. Dabei hat JEDER Erfahrung bei der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen.

Beispiel 1: Frühstück mit einer dampfenden Tasse Tee (oder Kaffee)

www.istockphoto.com; GeorgeDolgikh

Ermittelte Gefährdung: Thermische Gefährdung (Verbrennung des Mundraums)
Eintrittswahrscheinlichkeit vor Schutzmaßnahmen: Hoch
Schadensausmaß: Reversible Verletzung des Mundraums, kein Grund krank im Bett zu bleiben oder zum Arzt zu gehen.

Schutzmaßnahmen:
1. Vermeidung: ich trinke stattdessen Orangensaft
2. Technische Schutzmaßnahme: Lüftung (ich puste)
3. Organisatorische Schutzmaßnahme: ich lasse die Tasse noch stehen und trinke später
4. Persönliche Schutzmaßnahme: entfällt
Je nachdem zu welcher persönlichen Einschätzung ich komme, wähle ich eine der Schutzmaßnahmen oder ich bevorzuge eine Kombination aus mehreren.

Eintrittswahrscheinlichkeit nach Schutzmaßnahmen:
Niedrig bzw. Gefahr nicht mehr vorhanden, je nach Schutzmaßnahme(n)

 

Geht es um die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung, ziehen sich viele Verantwortliche gerne damit aus der Affäre, dass sie behaupten, davon keine Ahnung zu haben. Dabei hat JEDER Erfahrung bei der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen.

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17.11.2015

Arbeitsmed. Vorsorge vs. Eignungsuntersuchung

Arbeitsmed. Vorsorge vs. Eignungsuntersuchung
Nach unserer Erfahrung ist es bei Betriebsärzten und den Unternehmen angekommen, dass und wo die Unterschiede liegen. Dennoch gibt es im ein oder anderen Fall Unsicherheiten, vor allem was die Rechtskonformität betrifft. Die DGUV Information 250-010 »Eignungsuntersuchungen in der betrieblichen Praxis« greift dieses Thema auf und stellt die Unterschiede nochmals ausführlich dar.

Die DGUV Information geht auf den Punkt »Eignungsuntersuchungen und Rechtsgrundlagen« ein. Interessant hier: die Ausführungen zu den Eignungsuntersuchungen im Rahmen eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses.

Ein weiteres wichtiges Kapitel beschäftigt sich mit der Frage der Verhältnismäßigkeit von Eignungsuntersuchungen in Bezug auf unternehmerische Interessen, Persönlichkeitsrechte und Datenschutz.

Schließlich werden noch Beispiele für sinnvolle Eignungsuntersuchungen aufgeführt, zum Beispiel für den Logistikbetrieb beim Betrieb von Flurförderzeugen, dem Höheneinsatz von Personal, der Verwendung von schwerem Atemschutz bei der Feuerwehr oder körperliche Fitness für Personen im Rettungsdienst.

» DGUV Information 2015-010

Die DGUV Information 250-010 »Eignungsuntersuchungen in der betrieblichen Praxis« stellt die Unterschiede dar und gibt nützliche Ratschläge zur Rechtssicherheit.

» Weitere Informationen zu Arbeitsmed. Vorsorge vs. Eignungsuntersuchung

12.11.2015

Gefährdungsbeurteilung und andere Begriffe

Gefährdungsbeurteilung und andere Begriffe

Spätestens wenn Sie mal in die Verlegenheit kamen, den Begriff »Gefährdungsbeurteilung« ins Englische (oder eine andere Sprache) zu übersetzen, werden Sie feststellen, dass es dafür sehr viele Begriffe gibt. Woran das wohl liegt?

Nun, es liegt daran, dass es im Deutschen auch sehr viele Begriffe dafür gibt, die jedoch abhängig vom Rechtsgebiet unterschiedliche Dinge bezeichnen:

  • FMEA (Failure Mode and Effects Analysis ) im Bereich der Anlagentechnik
  • Gefährdungsanalyse im Bereich der Trinkwasserbeurteilung
  • Sicherheitsbewertung im Bereich der Kosmetikprodukte
  • Risikobeurteilung für Maschinen nach der Maschinenrichtlinie
  • Risikoanalyse für IT-Sicherheit und Lebensmittelrecht
  • Gefahrenanalyse für Maschinen nach der »alten« Maschinenrichtlinie
  • Sicherheitsanalyse im Bereich IT-Sicherheit und Flugzeugsysteme
  • HAZOP (Hazard and Operability Study) im Bereich von chemischen Anlagen
  • Gefährdungsbeurteilung im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz

Bei allen aufgeführten Systemen geht es immer um Folgendes:

  • Einen Gegenstand oder Zustand zu umreißen und definieren.
  • Das Risiko (für Personen, Gegenstände, Umwelt etc.) abzuschätzen.
  • Maßnahmen zu definieren, die das Risiko eliminieren oder minimieren.

Wir beschäftigen uns in unserer Serie mit der Gefährdungsbeurteilung im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Letzter Beitrag: Serie zur Gefährdungsbeurteilung (Überblick)
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Spätestens wenn Sie mal in die Verlegenheit kamen, den Begriff »Gefährdungsbeurteilung« ins Englische (oder eine andere Sprache) zu übersetzen, werden Sie feststellen, dass es dafür sehr viele Begriffe gibt.

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09.09.2015

Haftung eines Geschäftsführers wegen sicherheitswidriger Anweisung

Haftung eines Geschäftsführers wegen sicherheitswidriger Anweisung
Gemäß eines Urteils des OLG Frankfurt (Urteil vom 4.4.2014) wurde der Geschäftführer eines Unternehmens wegen grober Fahrlässsigkeit zur Übernahme sämtlicher Kosten der Unfallversicherung verurteilt (bis zur Urteilsverkündung waren das 700.000 Euro). In einem Strafverfahren erhielt der Geschäftführer zudem eine Geldstrafe.

Was war passiert?
Der Geschäftsführer eines Metall verarbeitenden Betriebes hatte einen Mitarbeiter angewiesen, einen 200 kg schweren Metallrahmen während des Transports mit dem Gabelstapler mit der Hand festzuhalten. Der Metallrahmen fiel dabei auf den Mitarbeiter. Der Mitarbeiter ist durch diesen Unfall vom Hals an gelähmt.
Quelle: MBT Info Service vom 3.6.2015.

» Hintergrundinfos zu diesem Urteil herunterladen
Sie brauchen dazu allerdings Ihre persönlichen Zugangsdaten zum Portal www.maschinenrichtlinie.de.

Die sicherheitswidrige Anweisung eines Geschäftsführers ist vom OLG Frankfurt als grob fahrlässig eingestuft worden, weshalb der Geschäftsführer zur Übernahme der Kosten der Unfallversicherung und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.

» Weitere Informationen zu Haftung eines Geschäftsführers wegen sicherheitswidriger Anweisung

17.08.2015

Haftung einer Sicherheitsfachkraft wegen fehlender Gefährdungsbeurteilung

Haftung einer Sicherheitsfachkraft wegen fehlender Gefährdungsbeurteilung
Zum Fall:
An einer mangelhaften Stanze kam es zu einem Arbeitsunfall, der Ermittlungen und ein Gerichtsverfahren gegen den Hersteller und die Sicherheitsfachkraft nach sich zog. Sowohl der Hersteller als auch Sicherheitsfachkraft wurden vom OLG Nürnberg (Urteil vom 17. Juni 2014) zu Schadensersatz verurteilt.

Warum die Sicherheitsfachkraft? Das werden sich vor allem diejenigen unter unseren Lesern fragen, die bei uns schon einmal eine Schulung zur Übertragung von Unternehmerpflichten besucht haben. Denn dort kommunizieren wir klar und deutlich, dass der Arbeitgeber (also die Führungskräfte) verantwortlich dafür sind, dass die Gefährdungsbeurteilungen (ordnungsgemäß) erstellt und aktualisiert werden.

Das ist prinzipiell richtig, also welche Verantwortung hat die Sicherheitsfachkraft?

Sie muss vom Unternehmer hinzugezogen werden, wenn er sich bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nicht ausreichend fachkundig fühlt. So steht es in einschlägigen Regelwerken wie BetrSichV oder GefStoffV. Der Unternehmer hat das getan und die Sicherheitsfachkraft hat dabei die Meinung vertreten, dass auf Grund der CE-Kennzeichnung kein Anlass zu einer Überprüfung der Maschine gegeben ist.

Das Gericht kam zu der Auffassung, dass die Einschätzung der Sicherheitsfachkraft falsch ist (Begründung siehe unten), sie also den Unternehmer falsch beraten hat. Sie wurde also nicht dafür für schuldig befunden, dass Sie die Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt hat (das ist ja eine Unternehmerpflicht), sondern dafür, dass sie den Unternehmer falsch beraten hat. Das heißt, sie hat ihre Beauftragtenpflichten nicht ordnungsgemäß wahrgenommen. In diesem speziellen Fall geht es um eine externe Sicherheitsfachkraft, die zudem nicht unter die Haftungsprivilegien des § 105 Sozialgesetzbuchs VII fällt.

Bereits 2009 hat der BGH festgestellt, dass sogenannte Compliance Officer (also Personen mit Beauftragtenpflichten in einem Unternehmen) eine strafrechtliche Garantenstellung haben (Urteil vom 17.07.2009 – 5 StR 394/08).

Zum Thema »CE-Kennzeichnung« äußerte sich das OLG Nürnberg in seiner Begründung wie folgt:
»Der Arbeitgeber kann sich vorliegend auch nicht damit entlasten, er habe wegen des auf der Maschine aufgebrachten "CE-Zeichen" auf deren Verkehrssicherheit vertrauen dürfen. Bei dem CE-Zeichen handelt es sich um eine Eigenerklärung des Herstellers, die sich an die Verwaltungsbehörden richtet. Sie ist kein Qualitätszeichen, sondern eine Art Warenpass und signalisiert weder Sicherheit noch Qualität des Produkts. Dem CE-Zeichen kommt keine Vermutungswirkung für die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik bzw. des in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Sicherheitsstandards zu (vgl. Kollmann , GRUR 2004, 6 m. w. N.). Aus dem CE-Zeichen können daher hier keine den Arbeitgeber oder den Beklagten zu 2) entlastende Folgerungen gezogen werden (anders LG Stuttgart, Urteil vom 10.04.2012, NJW 2012, 1169 im Falle einer EG Konformitätserklärung).«

Quelle: MBT Info 18-05-2015

In der neuen BetrSichV steht übrigens explizit:
»Das Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung am Arbeitsmittel entbindet nicht von der Pflicht zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung.« Bezug: BetrSichV § 3 Abs. 1 Satz 2.

» Hintergrundinfos zu diesem Urteil herunterladen
Sie brauchen dazu allerdings Ihre persönlichen Zugangsdaten zum Portal www.maschinenrichtlinie.de.

Das Thema CE-Konformität vs. Gefährdungsbeurteilung behandelt auch unser News-Beitrag vom 03.06.2013.

Zum Fall:
An einer mangelhaften Stanze kam es zu einem Arbeitsunfall, der Ermittlungen und ein Gerichtsverfahren gegen den Hersteller und die Sicherheitsfachkraft nach sich zog. Sowohl der Hersteller als auch Sicherheitsfachkraft wurden vom OLG Nürnberg (Urteil vom 17. Juni 2014) zu Schadensersatz verurteilt.

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