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10.03.2016

Wie viele Gefährdungsbeurteilungen braucht man? Teil I

Sie können die Gefährdungsbeurteilung für Ihren gesamten Standort machen oder für jeden Handgriff. Beides ist nicht zielführend, sondern irgendwo dazwischen liegt die für Sie vernünftige Lösung.

Bei der Frage, wo Ihre Systemgrenzen für die einzelnen Gefährdungsbeurteilungen liegen oder sinnvollerweise liegen sollen, sind die unterschiedlichen Rechtsvorschriften keine Hilfe. Denn allein im Arbeits- und Gesundheitsschutz gibt es zig Rechtsvorschriften, die eine Gefährdungsbeurteilung vorschreiben (siehe unseren Beitrag »Rechtlicher Hintergrund der Gefährdungsbeurteilung«). Je nachdem welche Rechtsvorschrift man aufschlägt, geht es um

Arbeitsplätze,
Tätigkeiten,
Arbeitsmittel,
(Gefahr-) Stoffe.

Das Erscheinen der »neuen« BetrSichV 2015 hat diesen Umstand wieder ins Bewusstsein der Verantwortlichen gerückt und viele stellten sich die Frage: Muss man für alle o.g. Aspekte eine eigene Gefährdungsbeurteilung haben? Möglicherweise für jedes Arbeitsmittel separat?

Man muss nicht! Man soll auch nicht!

Der Gesetzgeber sieht nicht vor, für jeden Aspekt eine eigene Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Vielmehr drückt jede Rechtsvorschrift nur ihre jeweilige Sicht auf die Dinge aus. In allen Rechtsvorschriften steht zudem, dass immer die Wechselwirkungen zwischen Arbeitsplätze, Tätigkeiten, Arbeitsmittel und (Gefahr-) Stoffe berücksichtigt werden sollen. Die singuläre Betrachtung von Arbeitsmitteln oder Chemikalien hat ohnehin bereits ein anderer durchgeführt, und zwar der Hersteller (Stichwort: CE-Konformität bzw. Sicherheitsdatenblatt). Wenn Sie diese Betrachtung für Ihren Bereich ebenfalls isoliert vornehmen, führt dies zu unzureichenden Ergebnissen:

Beispiel (Gefahr-) Stoffe:
Siehe unseren Newsbeitrag: Ein Stoff - eine Gefährdungsbeurteilung

Beispiel Stapler:
Angenommen, Sie verwenden auf Ihrem Betriebsgelände in unterschiedlichen Bereichen immer denselben Staplertyp. Da wäre es eigentlich naheliegend, das Arbeitsmittel »Stapler« einmal zu beurteilen, und gut. Die Bereiche unterscheiden sich aber:

Im einen Bereich ist die Flurförderzeug-Dichte sehr hoch,
im anderen sind auch noch Fußgänger in der Nähe,
im dritten Bereich fährt ein Mitarbeiter immer alleine,
der vierte ist ein Außenbereich.
Im fünften kommt der Stapler nur sporadisch zum Einsatz.

Auch wenn immer derselbe Staplertyp zum Einsatz kommt, die spezifischen Gefährdungen für den jeweiligen Staplerfahrer und für die Peripherie sind immer unterschiedlich, zum Beispiel hinsichtlich Vibrationsbelastung, Alleinarbeit, befahrener Bereich, Transportgut, Gefährdung von Dritten etc.

Deshalb bietet es sich an, die Gefährdungen von Arbeitsplätzen bzw. Tätigkeiten, sowie von Gefahrstoffen und Arbeitsmitteln und deren jeweilige Wechselwirkungen in einer Gefährdungsbeurteilung zu betrachten.

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