Chronische Erkrankungen: Arbeiten unter Schmerzen

Viele Menschen leiden an einer chronischen Erkrankung. Das Robert Koch-Institut (RKI) führt an, dass insbesondere die folgenden chronischen Krankheiten weit verbreitet sind:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Krebserkrankungen
- chronische Lungenerkrankungen wie z.B. Asthma
- Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems
- psychische Erkrankungen
- Diabetes mellitus
Die Stiftung Gesundheitswissen geht einer Studie aus dem Jahr 2022 zufolge davon aus, dass 40 Prozent der Bevölkerung (ab 16 Jahren) in Deutschland eine oder mehrere chronische Erkrankungen haben. Unter Jüngeren sind sie weniger verbreitet, ab einem Alter von 40 beziehungsweise 50 Jahren nehmen sie stetig zu. In Anbetracht des demografischen Wandels und älter werdender Belegschaften spielt das Thema für die Arbeitswelt eine wesentliche Rolle.
Ob Rheuma, Depressionen, Multiple Sklerose oder Diabetes: Chronische Erkrankungen sind für Außenstehende nicht immer ersichtlich. Gemein haben diese unterschiedlichen Erkrankungen, dass sie als langanhaltend gelten und meist keinen klar bestimmbaren Ausgangspunkt haben. Der Begriff »chronische Erkrankung« lässt sich im Vergleich zur Schwerbehinderung nicht eindeutig definieren. Nicht jede chronische Krankheit gilt als eine Schwerbehinderung – und umgekehrt. Auch bedeutet sie nicht gleichzeitig eine Einschränkung am Arbeitsplatz. »Es lässt sich nicht pauschal sagen, dass Menschen mit einer chronischen Erkrankung weniger leistungsfähig sind oder ihre Arbeit nicht so erfüllen können wie vorgegeben«, sagt Mathilde Niehaus, Professorin für Arbeit und berufliche Rehabilitation an der Universität zu Köln.
Erkrankte entscheiden selbst, ob sie von ihrer Krankheit berichten
Doch aus Sorge vor Nachteilen am Arbeitsplatz behalten Betroffene eine chronische Erkrankung häufig für sich. Andere fürchten, stigmatisiert zu werden. Es besteht keine Pflicht, den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin einzubeziehen. »Es sei denn, daraus ergibt sich eine Selbst- oder Fremdgefährdung am Arbeitsplatz«, sagt Niehaus. Dennoch kann im Sinne aller Beteiligten Offenheit gefragt sein.
Die Webseite sag-ichs.de hilft gesundheitlich beeinträchtigten Beschäftigten dabei, einen individuell passenden Umgang mit der Krankheit am Arbeitsplatz zu finden.
Für Vertrauenskultur im Betrieb sorgen
»Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin sollte eine Person beauftragen, die das Vertrauen der Belegschaft genießt«, sagt Gustav Pruß, Referent Internationale Rehabilitation bei der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) und Geschäftsführer des Vereins der zertifizierten Disability-Manager Deutschlands (VDiMa). Eine gute Ansprechperson könne der oder die Beauftragte des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) sein.
Die Lösung sieht Pruß vor allem in einer Betriebsvereinbarung. Auch Unternehmen ohne Betriebsrat können eine entsprechende Eingliederungsvereinbarung aufsetzen. Sie dient als Fahrplan und regelt, wer für was verantwortlich ist und wie Eingliederungsverfahren im Unternehmen konkret aussehen.
Kleinere Betriebe können auf externe BEM-Expertise zurückgreifen, rät Pruß. Wenn Beschäftigte nicht arbeitsunfähig sind, aber Unterstützung benötigen, könne man den Arbeitsplatz auch im Rahmen einer individuellen psychischen Gefährdungsbeurteilung betrachten und konkrete Schlüsse zur gesundheitlichen Anpassung des individuellen Arbeitsplatzes ziehen.
Im Mittelpunkt steht also die Vertrauenskultur. Führungskräfte und Sicherheitsbeauftragte sind gefragt, sensibel mit dem Thema umzugehen. Ziel sollte es sein, dass sich Betroffene verstanden fühlen und äußern können, was sie benötigen – ohne alle Details mitzuteilen. Quelle: Arbeit & Gesundheit (gekürzt, geändert)