Teil 2: Pflicht, Angebot oder Wunsch - was rechtlich gilt.
Aus Arbeitgebersicht gibt es...
1. die Pflicht zur Veranlassung bei Pflichtvorsorge.
Das heißt, Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter zur Teilnahme auffordern, wenn in der Gefährdungsbeurteilung Tätigkeiten identifiziert wurden, die eine Pflichtvorsorge erforderlich machen. Beschäftigte sind zur Teilnahme verpflichtet. Das bedeutet, dass sie zu einem Gespräch mit dem Betriebsarzt gehen müssen. Die Untersuchung selbst bleibt allerdings freiwillig. Verweigern sie die Teilnahme, darf die Tätigkeit nicht aufgenommen oder fortgesetzt werden (§ 4 Abs. 2, ArbMedVV).
2. die Pflicht zum Angebot bei Angebotsvorsorge:
Das heißt, Arbeitgeber müssen auf Basis der Gefährdungsbeurteilung ein persönliches, individuelles und schriftliches Angebot unterbreiten (AMR 5.1). Die Beschäftigten dürfen selbst entscheiden, ob sie teilnehmen wollen oder nicht. Die Teilnahme darf nicht erzwungen werden. Die Nicht-Teilnahme darf nicht sanktioniert werden. Wird das Angebot nicht angenommen, muss nach Ablauf der Frist erneut ein Angebot unterbreitet werden.
3. die Pflicht zur Organisation von Wunschvorsorge:
Das heißt, Beschäftigte haben das Recht, eine Vorsorge zu verlangen. Arbeitgeber müssen diesem Wunsch nachkommen, wenn ein Tätigkeitsbezug vorliegt. Dazu müssen Mitarbeiter über diese Möglichkeit, zum Beispiel im Rahmen der Unterweisung, informiert werden.
Arbeitsmedizinische Vorsorge ist während der Arbeitszeit zu gewähren.
In allen drei Fällen erhalten Arbeitgeber vom Betriebsarzt grundsätzlich keine personenbezogenen Gesundheitsdaten. Sie erhalten vielmehr eine Bescheinigung, dass eine Vorsorge durchgeführt wurde (AMR 6.3). Gegebenenfalls erhalten Sie darüber hinaus einen Hinweis, dass und ggf. wo betriebliche Schutzmaßnahmen nachgebessert werden müssen, wenn Auffälligkeiten bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge zutage getreten sind (AMR 6.4). Diese Hinweise sind vom Betriebsarzt so zu geben, dass keine Rückschlüsse auf personenbezogene Gesundheitsdaten möglich sind.
Sollten Mitarbeiter selbst den Bedarf für konkrete Unterstützung des Arbeitgebers sehen (zum Beispiel, weil sie einen Zuschuss zu einer Bildschirmbrille wollen), so müssen sie selbst entsprechende Ergebnisse offenlegen.
Und was ist mit Eignungsuntersuchungen?
Eine Pflicht zur Eignungsuntersuchung gibt es hingegen nicht konkret. Im Gegenteil: Eignungsuntersuchungen nach dem Gießkannenprinzip sind arbeitsrechtlich problematisch (siehe die Verweise im letzten Beitrag). Die Pflicht des Arbeitgebers ist es vielmehr ganz allgemein, nur geeignete Personen für bestimmte Aufgaben einzusetzen. Das umfasst im Einzelfall außer der Qualifikation und der körperlichen Eignung auch die emotionale oder mentale Eignung. Gleichwohl sind in vielen Unternehmen, Eignungsuntersuchungen im Rahmen einer Betriebsvereinbarung geregelt.
Entscheiden Sie sich als Arbeitgeber, Beschäftigte zur Eignungsuntersuchung zu schicken, so müssen Sie vom Betriebsarzt - anders als bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge - natürlich die Rückmeldung bekommen, ob die Person geeignet ist oder nicht, bzw. unter welchen Bedingungen. Detaillierte Gesundheitsdaten bekommen Arbeitgeber indes auch hier nicht.
Tipp zur Organisation von arbeitsmedizinischer Vorsorge:
In der Praxis kommt es häufig vor, dass für Beschäftigte mehrere Vorsorgeanlässe greifen (Pflicht und/oder Angebot), z. B. wegen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, plus körperlicher Belastung plus Bildschirmarbeit. Das Kombinieren von Vorsorgeanlässen ist möglich und natürlich auch sinnvoll. Selbst Eignungsuntersuchungen dürfen zeitlich zusammen mit arbeitsmedizinischer Vorsorge durchgeführt werden. Wichtig ist jedoch eine saubere Trennung in der Dokumentation.
Fazit & Ausblick
Der Arbeitgeber ist immer in der Pflicht. Je nach Vorsorgeprinzip haben nur die Mitarbeiter Optionen. Organisatorische Vereinfachungen sind möglich, wenn Vorsorgeanlässe terminlich gebündelt werden. Im nächsten Beitrag zeigen wir, wie man die Vorsorge sauber organisiert und dabei auch interne Schnittstellen berücksichtigt.
Letzter Beitrag: Teil 1: Die drei Formen der arbeitsmedizinischen Vorsorge
Nächster Beitrag: Teil 3: Wer macht was? Rollen und Zuständigkeiten im Unternehmen