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24.09.2025

Teil 1: Die drei Formen der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Teil 1: Die drei Formen der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Es werden drei Formen von arbeitsmedizinischer Vorsorge unterschieden:

  • Pflichtvorsorge:
    Sie ist vorgeschrieben, wenn im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung bestimmte besonders gefährdende Tätigkeiten identifiziert wurden (z. B. Arbeiten mit krebserzeugenden Stoffen, Arbeiten in Lärmbereichen, Reisen in Länder mit erhöhtem Infektionsrisiko). Ohne durchgeführte Pflichtvorsorge: keine Tätigkeitsaufnahme, keine Fortsetzung der Tätigkeit.
  • Angebotsvorsorge:
    Sie muss Beschäftigten bei bestimmten Tätigkeiten angeboten werden (z. B. Bildschirmarbeit, Umgang mit Lasten). Die Teilnahme ist freiwillig.
  • Wunschvorsorge:
    Beschäftigte dürfen arbeitsmedizinische Vorsorge auch unabhängig von einer konkreten Pflicht oder Gefährdung verlangen, sofern ein Zusammenhang zur Tätigkeit besteht.

Die rechtliche Grundlage für all das findet sich im § 11 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und wird präzisiert in den §§ 4, 5, 5a und dem Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Das heißt, die Zuordnung zu den unterschiedlichen Vorsorgearten gehört zur rechtssicheren Unternehmensorganisation: Was, wann, wem anzubieten bzw. zu veranlassen ist, ergibt sich demnach nicht aus dem Bauchgefühl, sondern aus der Gefährdungsbeurteilung.

Und was ist mit der Eignungsuntersuchung, wo ist der Unterschied?

Die arbeitsmedizinische Vorsorge resultiert aus dem Schutz des Mitarbeiters vor den Gefährdungen seiner Tätigkeit. Die Eignungsuntersuchung hingegen kann sinnvoll sein, wenn Mitarbeiter bei der Ausführung ihrer Arbeit eine potenzielle Gefährdung für sich selbst, für Dritte oder für Sachen darstellen, falls er (oder sie) nicht über eine entsprechende körperliche Eignung verfügt (Drittschutz). Das kann zum Beispiel der Fall sein beim Führen von Fahrzeugen oder bei Arbeiten in Höhen (Drittschutz).

Beispiel: Das Arbeiten am Bildschirm (Gefährdung) kann das Sehvermögen eines Mitarbeiters negativ beeinflussen. Deshalb gibt es dafür arbeitsmedizinische Vorsorge. Das Fahren auf einem Stapler hingegen kann das Sehvermögen nicht verringern, also ist dafür keine arbeitsmedizinische Vorsorge vorgesehen. Aber ein Mitarbeiter, der beim Fahren eines Staplers nicht ausreichend gut sieht, stellt eine potenzielle Gefährdung für Dritte dar. Dafür gibt es die Möglichkeit der Eignungsuntersuchung. Für Eignungsuntersuchungen gelten strenge Vorgaben und Einschränkungen. Siehe dazu auch die AMR 3.3 Nr. 8 und die DGUV Information 250-010.

Linktipp aus unserem Newsbereich:

» Arbeitsmedizinische Vorsorge vs. Eignungsuntersuchung

» Wann Eignungsbeurteilungen möglich sind.

Eigentlich alles klar, oder?
Bei Audits begegnen uns allerdings immer wieder dieselben Schwachstellen:

  • Arbeitsmedizinische Vorsorge erfolgt aufgrund und nach den alten BG-Grundsätzen, statt nach ArbMedVV und den Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR).
  • Wofür arbeitsmedizinische Vorsorge erforderlich ist, wird nicht systematisch ermittelt. Dementsprechend fallen bestimmte Vorsorgeanlässe hinten runter.
  • Arbeitsmedizinische Vorsorge wird mit Eignungsuntersuchungen gleichgesetzt oder verwechselt.
  • Das Angebot zur Vorsorge wird zwar gemacht aber nur als Aushang über ein Schwarzes Brett oder im Intranet.
  • Die Rückmeldungen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge werden in der Personalabteilung unter Verschluss archiviert - die Führungskräfte erfahren davon nichts.
  • Wunschvorsorge? Wird häufig gar nicht thematisiert. Dabei ist sie gesetzlich verankert und gehört in jedes Vorsorgekonzept.

Fazit & Ausblick

Wer arbeitsmedizinische Vorsorge organisiert, darf sich nicht auf Vermutungen stützen. Die Vorsorge muss zur Gefährdung passen – individuell, konkret, transparent und gut dokumentiert. Im nächsten Beitrag gehen wir auf die unterschiedlichen Vorsorgegrundsätze ein und beleuchten insbesondere die Pflichten des Arbeitgebers.

Letzter Beitrag: Intro: Arbeitsmedizinische Vorsorge - Pflicht, Chance oder beides

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