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17.08.2015

Haftung einer Sicherheitsfachkraft wegen fehlender Gefährdungsbeurteilung

Haftung einer Sicherheitsfachkraft wegen fehlender Gefährdungsbeurteilung
www.istockphoto.com; stalkerstudent
Zum Fall:
An einer mangelhaften Stanze kam es zu einem Arbeitsunfall, der Ermittlungen und ein Gerichtsverfahren gegen den Hersteller und die Sicherheitsfachkraft nach sich zog. Sowohl der Hersteller als auch Sicherheitsfachkraft wurden vom OLG Nürnberg (Urteil vom 17. Juni 2014) zu Schadensersatz verurteilt.

Warum die Sicherheitsfachkraft? Das werden sich vor allem diejenigen unter unseren Lesern fragen, die bei uns schon einmal eine Schulung zur Übertragung von Unternehmerpflichten besucht haben. Denn dort kommunizieren wir klar und deutlich, dass der Arbeitgeber (also die Führungskräfte) verantwortlich dafür sind, dass die Gefährdungsbeurteilungen (ordnungsgemäß) erstellt und aktualisiert werden.

Das ist prinzipiell richtig, also welche Verantwortung hat die Sicherheitsfachkraft?

Sie muss vom Unternehmer hinzugezogen werden, wenn er sich bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nicht ausreichend fachkundig fühlt. So steht es in einschlägigen Regelwerken wie BetrSichV oder GefStoffV. Der Unternehmer hat das getan und die Sicherheitsfachkraft hat dabei die Meinung vertreten, dass auf Grund der CE-Kennzeichnung kein Anlass zu einer Überprüfung der Maschine gegeben ist.

Das Gericht kam zu der Auffassung, dass die Einschätzung der Sicherheitsfachkraft falsch ist (Begründung siehe unten), sie also den Unternehmer falsch beraten hat. Sie wurde also nicht dafür für schuldig befunden, dass Sie die Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt hat (das ist ja eine Unternehmerpflicht), sondern dafür, dass sie den Unternehmer falsch beraten hat. Das heißt, sie hat ihre Beauftragtenpflichten nicht ordnungsgemäß wahrgenommen. In diesem speziellen Fall geht es um eine externe Sicherheitsfachkraft, die zudem nicht unter die Haftungsprivilegien des § 105 Sozialgesetzbuchs VII fällt.

Bereits 2009 hat der BGH festgestellt, dass sogenannte Compliance Officer (also Personen mit Beauftragtenpflichten in einem Unternehmen) eine strafrechtliche Garantenstellung haben (Urteil vom 17.07.2009 – 5 StR 394/08).

Zum Thema »CE-Kennzeichnung« äußerte sich das OLG Nürnberg in seiner Begründung wie folgt:
»Der Arbeitgeber kann sich vorliegend auch nicht damit entlasten, er habe wegen des auf der Maschine aufgebrachten "CE-Zeichen" auf deren Verkehrssicherheit vertrauen dürfen. Bei dem CE-Zeichen handelt es sich um eine Eigenerklärung des Herstellers, die sich an die Verwaltungsbehörden richtet. Sie ist kein Qualitätszeichen, sondern eine Art Warenpass und signalisiert weder Sicherheit noch Qualität des Produkts. Dem CE-Zeichen kommt keine Vermutungswirkung für die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik bzw. des in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Sicherheitsstandards zu (vgl. Kollmann , GRUR 2004, 6 m. w. N.). Aus dem CE-Zeichen können daher hier keine den Arbeitgeber oder den Beklagten zu 2) entlastende Folgerungen gezogen werden (anders LG Stuttgart, Urteil vom 10.04.2012, NJW 2012, 1169 im Falle einer EG Konformitätserklärung).«

Quelle: MBT Info 18-05-2015

In der neuen BetrSichV steht übrigens explizit:
»Das Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung am Arbeitsmittel entbindet nicht von der Pflicht zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung.« Bezug: BetrSichV § 3 Abs. 1 Satz 2.

» Hintergrundinfos zu diesem Urteil herunterladen
Sie brauchen dazu allerdings Ihre persönlichen Zugangsdaten zum Portal www.maschinenrichtlinie.de.

Das Thema CE-Konformität vs. Gefährdungsbeurteilung behandelt auch unser News-Beitrag vom 03.06.2013.